"Die südlichen Kontinente"
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Einleitung
Die südlichen Kontinente
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Afrika, Australien, Südamerika und die Antarktis sind die Kontinente der südlichen Hemisphäre. In diesem Buch sollten wir nur die ersten drei behandeln. Im Gegensatz zu den Kontinenten der nördlichen Hemisphäre liegt ein Großteil der drei südlichen Kontinente im äquatorialen Bereich. Der Äquator durchquert Zentralafrika und das nördliche Viertel von Südamerika. Ein großer Teil von Nordaustralien liegt nördlich des Wendekreises des Steinbocks. a Daher ist die Geographie dieser Kontinente zu großen Teilen eine Untersuchung der tropischen und semi-tropischen Gebiete.
Die südlichen Kontinente sind die „unterentwickelten“ Länder der Welt. Mit einer Landmasse von etwa 23 Millionen Quadratkilometern haben sie eine Bevölkerung von nur 390 Millionen – weniger Menschen als in China oder Indien. Das bedeutet nicht, dass es dort keine starken Bevölkerungsdichten gibt, das Niltal hat 1.900 Menschen pro Quadratmeile Acker-
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land, sondern es heißt, dass es dort große Wüstengegenden, Berg- und Regenwaldregionen gibt, die sehr schwach bevölkert sind.
Diese Kontinente sind die „neuen“ Länder der Welt. Einige von ihnen wurden erst in der jüngsten Vergangenheit durch Menschen besetzt. Die Maori waren erst in den letzten 1.500 Jahren in Neuseeland. b Die Aborigines leben nur seit etwa 5.000 Jahren in Australien. c Die südamerikanischen Indianer bewohnten den Kontinent seit weniger als 8.000 Jahren. d Afrika ist eine Ausnahme, da es eine alte Heimat des Menschen ist. Afrika, Südamerika und Australien sind auch in dem Sinne neu, dass sie erst kürzlich durch die Europäer aus der nördlichen Hemisphäre entdeckt und erkundet wurden. Vor fünfhundert Jahren war der europäische Mensch sich der Existenz von Australien, Südamerika oder Afrika südlich des Äquators nicht bewusst.
Die südlichen Kontinente sind die ehemaligen
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Kolonialgebiete der europäischen Nationen. Die Entdeckung und Erforschung brachte Besitzansprüche mit sich. Vor dreihundert Jahren teilten Spanien und Portugal Südamerika unter sich auf. e Vor hundert Jahren erhoben Großbritannien und andere Nationen Europas im Wettlauf um Afrika Anspruch auf große Gebiete als Kolonien. Australien und Neuseeland waren lange Zeit Teil des britischen Empires. Im Zuge seiner Invasion in die südlichen Kontinente führte der Europäer neue Pflanzen, neue Feldfrüchte, neue Tiere und neue Völker ein. Heute bestehen die südlichen Kontinente Großteils aus unabhängigen Ländern. Im Fall von Afrika sind diese Länder erst kürzlich entstanden. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat Afrika 32 unabhängige Nationen „geboren“.
Obwohl die Länder der südlichen Kontinente große Mineralvorkommen haben sind sie keine Industrienationen. Dies steht im Kontrast zu den Industrieländern der nördlichen Hemisphäre. Stattdessen produzieren sie Nahrungsmittel und Rohmaterialien, die in den dicht bevölkerten Kontinenten des Nordens benötigt werden. Im Gegenzug erhalten sie Güter der Schwerindustrie, die sie nicht selbst herstellen.
Da sie sich über so große Gebiete erstecken, verfügen die südlichen Kontinente über ein großes Angebot an Lebensbedingungen und Lebensräume. In den südlichen Kontinenten lebt der Mensch in Oasen, Tropenwäldern, Hochländern, grasbewachsenen Ebenen, subantarktischen Wäldern, Grasländern und wasser-
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losen Wüsten. Im Vergleich zu den Kontinenten der nördlichen Hemisphäre sind Afrika, Australien und Südamerika Kontinente, die unberührte natürliche Ressourcen haben. Beispielsweise haben die Gebiete des tropischen Regenwaldes unbegrenzt Holz, das noch überhaupt nicht von dem Menschen genutzt wurde. Große Teile des Graslandes der Savannah sind nur schwach beweidet und spärlich bevölkert.
Die südlichen Kontinente entwickeln das Land, wo neue Ideen und neue Methoden für die Landwirtschaft und das Leben Analphabetismus, Armut und Krankheit vertreiben.
Die südlichen Kontinente sind wichtige Getreideproduzenten und Weidelandschaften für einen Großteil der Schafe und Rinder der Welt. Australien und Argentinien versorgen die Welt mit einem Viertel der Weizenexporte. Australien, Neuseeland, Südafrika und Argentinien beherbergen zwei Drittel der Schafe der Welt und die südlichen Kontinente produzieren mehr als eine Hälfte des Rindfleisches weltweit.
Die südlichen Kontinente stehen vor vielen Entwicklungsproblemen. Interne Handelsverbindungen und die Wasserversorgung sind oft schlecht. Einer großen Anzahl an Menschen fehlen die technischen Fertigkeiten, die die moderne Industrie erfordert; Land gehört häufig zu Großgrundbesitzen und kann nicht ausschöpfend von kleinen Bauern genutzt werden und es herrschen noch traditionelle Vorstellungen vor. Bisher wachsen die südlichen Kontinente politisch noch und lernen eine wichtige Rolle im Weltgeschehen zu spielen.
[a] Dies ist eine Bezeichnung für den südlichen Wendekreis; die Übersetzerin.↩
[b] Zur Besiedlung Neuseelands gibt es unterschiedliche Theorien, einig sind sich WissenschaftlerInnen aber darüber, dass die Insel relativ lange unbesiedelt war. Aktuell gehen Ethnologen davon aus, dass die Maori etwa 1300 n.Chr. nach Neuseeland kamen und auch archäologische Funde deuten darauf hin, dass es dort vor 1.250 keine menschliche Besiedlung gab. Vgl. Mein Smith, Philippa: A Concise History of New Zealand, Melbourne; Cambridge, New York: Cambridge University Press, 2. Aufl., 2012, 6-7; die Übersetzerin.↩
[c] Die Angaben über die Besiedlung Australiens in aktuellerer wissenschaftlicher Literatur weichen von dieser Aussage stark ab, denn es wird in der Regel davon ausgegangen, dass die ersten Aborigines vor etwa 60.000 Jahren Australien erreichten. Vgl. z. B. West, Barbara A.; Murphy, Frances T.: A Brief History of Australia. New York: Facts On File 2010, S. 15; Macintyre, Stuart: A Concise History of Australia, Cambridge; New York: Cambridge University Press 1999, 9; die Übersetzerin.↩
[d] Heute wird die Besiedlung Südamerikas auf den Zeitraum zwischen 20.000 und 10.000 v. Chr. geschätzt. Vgl. Wikpedia, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=S%C3%BCdamerika&oldid=159836276 (24.11.2016); die Übersetzerin.↩
[e] Präziser gesagt teilten Portugal und Spanien im Vertrag von Tordesillas im Jahr 1494 die gesamte Welt untereinander auf indem sie vereinbarten, ihre Eroberungszüge jeweils auf verschiedene Gebiete zu konzentrieren. Da die Demarkationslinie, die die Bereiche voneinander trennte, durch das heutige Brasilien verlief, war ein Nebeneffekt dieser Vereinbarung die Aufteilung Südamerikas unter Spanien und Portugal; die Übersetzerin.↩