"Wer gehört noch in die EU?"
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Wer gehört noch in die EU?
Nach der großen „Osterweiterung" in den Jahren 2004 und 2007 war die Stimmung in vielen Staaten und Institutionen der EU von Zurückhaltung gegenüber einer schnellen Erweiterung geprägt: Die Gemeinschaft müsse sich in dieser Ausprägung erst finden und festigen. Vor allem über den Beitritt der Türkei wird immer wieder intensiv diskutiert.
Kritiker eines Beitritts der Türkei argumentieren, sie würde nicht die kulturellen Wertvorstellungen der christlich geprägten EU teilen. Zudem müssten erhebliche finanzielle Maßnahmen der EU getroffen werden, um die türkische Wirtschaft und besonders Landwirtschaft auf europäisches Niveau zu bringen. Nicht zuletzt verweisen Skeptiker auf die rund 72 Millionen Einwohner des Landes, welche die Türkei zu einem der größten Mitgliedsländer der EU machen würden. Die Befürworter eines türkischen EU-Beitritts unterstreichen dagegen, dass Europa durch die kulturelle und ethnische Vielfalt der Türkei nur profitieren könne, zumal in der EU schon jetzt viele Muslime lebten. Sie betonen ihre geostrategische Rolle als Vermittlerin im Nahen Osten und im Südkaukasus. Zwischen der EU und der Türkei besteht bereits eine „privilegierte Partnerschaft", wodurch die Türkei z. B. die Vorteile der Zollunion genießt. Während die Frage, ob und wann die Türkei der EU beitreten kann, noch offen ist, ist ein baldiger Beitritt Islands und Kroatiens wahrscheinlicher (dann EU 29).