Bibliographic data

Dowiat, Jerzy: Historia 1, dla klasy 1 liceum ogólnoksztalcacego. Historia, Bd. 1. Warschau: Wydawnictwa Szkolne i Pedagogiczne, 13. Aufl., 1979, 402–403.

Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. an das europäische Rittertum (1095) von Herfordt, Ewa (2017)

Der Kreuzzugssteilnehmer und Chronist Foulcher de Chartres erinnert an den Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. auf der Synode in Clermont 1095. Der vorliegende Auszug daraus ist im Quellenteil wiedergegeben, der auf den Darstellungsteil über die wirtschaftlich-sozialen Veränderungen in Westeuropa (XI.-XII. Jahrhundert.) folgt. Im Layout unterscheiden sich die in dem Geschichtsbuch des Warschauer Mediävisten Prof. Jerzy Dowiat (1920-1982) abwechselnd aufeinander folgenden Darstellungs- und Quellenteile nicht wesentlich. Die Rede Urbans ist im Darstellungsteil dem Kapitel „Die Genese der Kreuzzüge“ zugeordnet und wird mit einem knappen Abschnitt über die Synode in Clermont eingeleitet. Thematisch sind die Kreuzzüge eingeordnet zwischen den allgemeinen Ausführungen über die Ständegesellschaft und den Investiturstreit in Westeuropa sowie der politischen und wirtschaftlichen Situation Polens zur Zeit des Investiturstreites.

Der im Schulbuch abgedruckte Aufruf zum Kreuzzug entspricht dem letzten Drittel der päpstlichen Rede. Darin appelliert der Papst an die „religiöse Pflicht“ des „europäischen Rittertums“, die „heilige Stadt“ Jerusalem aus den Händen der Andersgläubigen zu befreien. Er stellt allen sozialen Schichten neben dem Erlass der Sündenstrafen auch materielle Zugewinne in Aussicht. In diesem Teil der Rede liegt das Hauptgewicht der Kreuzzugsidee auf Jerusalem. Nicht abgedruckt sind die Passagen, in denen der Papst den Gedanken verfolgt, im christlichen Abendland innenpolitischen Frieden zu stiften.

Die Wahl des Dokuments und dessen Einordnung im darstellenden Teil streicht neben der ökonomischen vor allem die religiöse Dimension des Ereignisses heraus. Der Autor betont den Entstehungszusammenhang des ersten Kreuzzugs als „heiliger Krieg“ gegen die Jerusalem bedrohenden Türken, die Seldschuken, und wägt dessen sozio-ökonomische Aspekte ab. Seine Überlegungen sind allgemeiner Natur und beziehen sich ausschließlich auf Westeuropa. Parallelen werden zur Reconquista in Spanien und zu den Unternehmungen des Deutschen Ordens in Osteuropa gegen die heidnisch gebliebenen, westslawischen Stämme der Polaber gezogen. Diese werden als „Kreuzzüge“ eingestuft, in denen aber, so der Autor, anders als in den Kreuzzügen gegen die Türken, die Religion lediglich als Vorwand für die tatsächlichen Eroberungsziele gedient habe. Der Autor stellt in seiner Beurteilung keinen Gegenwartsbezug her und trifft keine allgemeinen Aussagen über religiös motivierte bzw. legitimierte Kriege. Sein Interesse gilt einem mittelalterlichen Konflikt, der Folgen für die politische, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung Westeuropas hatte.

Das Geschichtsbuch erschien 1979, als mit dem Helsinki-Abkommen (1.08.1975) eine neue Epoche der Entspannung im Ost-West-Konflikt in Europa angebrochen war. Die Verbundenheit Polens mit der (west)europäischen Geschichte und Kultur wird darin über die Religion reflektiert. Die Mobilisierung der „christlichen Welt“ gegen eine Gefahr von Außen – in Gestalt der Türken als „Barbaren“ – schuf im Mittelalter ein starkes Kollektivgefühl, das mit dem Christentum aufs engste verschmolzen war und viele Jahrhunderte seine Wirkung auf das lateinische Europa entfaltete. Der Schulbuchautor führt diese Idee des „christlichen Europas“ an keiner Stelle explizit aus. Unterschwellig erscheint das Christentums jedoch auch in der Nachkriegszeit als konstitutiv für das Europäische aus Sicht der polnischen Historiographie.

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